Von Annabelle Bachmann
Tagebucheintrag vom 2. August 2018
Hallo, Ich melde mich mal wieder aus Berlin von der WM-Vorbereitung.
Vor zwei Tagen sind wir unser erstes Relationsrennen gefahren, das ist sozusagen die Generalprobe vor der WM. Dabei fahren wir 2000 m, also unsere Wettkampfstrecke,
wie ein richtiges Rennen, ohne Schlagzahlbegrenzung oder andere Einschränkungen. Damit wir uns wirklich verausgaben, starten immer mehrere Boote, die ungefähr gleich schnell sein sollten,
gegeneinander. Dabei orientieren sich die Trainer an den Weltrekorden. Zum Beispiel ist der Weltrekord vom Junioren Zweier ohne Steuermann 4 Sekunden langsamer als von uns, dem Juniorinnen
Doppelvierer. Deshalb bekommen die Jungs am Start 4 Sekunden Vorsprung. Wenn wir gleich stark sind sollten wir dann gleichzeitig über die Ziellinie gehen.
Bei unserem Relationsrennen lief dann aber alles ein bisschen anders als erwartet. Wir kamen super aus dem Start raus und schon nach knapp 1000 Metern hatten wir die
Jungs überholt. Blieb nur noch der Juniorinnen Vierer ohne Steuerfrau, der mit 10 Sekunden Vorsprung gestartet war, aber auch der hielt nur bis 1500 Meter stand. Ab da versuchten wir
möglichst viel Wasser zwischen uns und unsere Gegner zu bringen. Im Ziel konnte erstmal niemand ein Wort sagen, alle rangen nur nach Luft. Aber das allgemeine Gefühl war sehr gut, was dann auch
durch die Ergebnisse bestätigt wurde. Die Trainer rechnen die Relation unserer Zeit im Verhältnis zum Weltrekord in Prozent aus, wobei 100% ein paar Sekunden unter dem Rekord liegen. Wir
erreichten 99,4% und waren tatsächlich 3 Sekunden schneller als der Weltrekord.
Da hatten wir uns die komplett freien anderthalb Tage danach redlich verdient.
Jetzt freuen wir uns schon auf das zweite Relationsrennen morgen, bei dem wir gegen den Juniorinnen Achter antreten werden.
Bis bald!
Annabelle
Alle Aufnahmen Christian Schwier
Tagebucheintrag vom 30. Juli 2018
Hallo ihr Lieben, meine Mutter hat mir erzählt, dass sie mehrmals gefragt wurde wie es mir im
Trainingslager für die WM so geht und mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte eine Art Tagebuch anzufangen. Jetzt sind schon 3 Wochen rum, deshalb fasse ich einmal kurz zusammen was schon alles
passiert ist.
In der ersten Woche passiert für gewöhnlich nicht viel, wir haben verschiedene Leistungstests auf dem Wasser und auf dem Ergometer, am Ende dieser Woche werden die
endgültigen Mannschaften festgelegt.
Danach beginnt das eigentliche Trainingslager mit den sogenannten Höllenwochen. Jeden Morgen um 5.30 Uhr klingelt der Wecker und um 6.15 Uhr werden die ersten 20 bis
22 km gerudert. Diese morgendliche Einheit zieht sich durch die ganzen 4 Wochen. Nach dem Frühstück war an 2 von 3 Tagen Krafttraining und am dritten Tag hatten wir immer Gymnastik.
Nachmittags war dann eine zweite Wassereinheit angesetzt. Für gewöhnlich habe ich in dieser Zeit (den ersten beiden Wochen nach der Mannschaftsbildung) nur gegessen,
geschlafen und trainiert. Seit letzter Woche ist dieser "Horror" aber vorbei. Wir machen kein Krafttraining mehr, dafür haben wir jetzt mehr freie Nachmittage und auch die geruderten Kilometer
werden weniger. Allerdings fahren wir dafür viele Strecken, zum Beispiel 500 m und 1250 m, so wie heute. Dabei fahren Boote, die ungefähr gleich schnell sind gegeneinander, das war heute und
gestern der Fall. Unser Vierer wird immer schneller und inzwischen können wir uns ganz auf den technischen Feinschliff konzentrieren, auch wenn das manchmal bedeutet 5 km lang nur Starts zu üben
oder mit geschlossenen Augen zu rudern. Andi ist dabei ein sehr geduldiger, aber auch gnadenloser Trainer, der uns immer wieder an unsere Grenzen bringt und das Beste aus uns
herausholt.
Bis bald, Annabelle
Alle Aufnahmen Christian Schwier (links), Andreas Beer